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Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 02.06.2004
Aktenzeichen: 12 UF 227/03
Rechtsgebiete: VAHRG
Vorschriften:
VAHRG § 1 Abs. 3 |
12 UF 227/03
Beschluss
In der Familiensache
hat der 12. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle durch die Richter am Oberlandesgericht #######, ####### und ####### am 2. Juni 2004 beschlossen:
Tenor:
I.
Auf die Beschwerde der VGH ####### wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Stadthagen vom 22. Juli 2003 teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:
Von dem Versicherungskonto des Antragstellers bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte Nr. ####### werden auf das Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte Nr. ####### Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 44,28 EUR monatlich, bezogen auf den 30. Juni 2002, übertragen.
Zu Lasten der Versorgung des Antragstellers bei der LBS ####### werden auf dem Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte Nr. ####### Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 0,79 EUR, bezogen auf den 30. Juni 2002, begründet.
Zu Lasten der Versorgung des Antragstellers bei der VGH Provinzial Lebensversicherungen werden auf dem Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte Nr. ####### Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 7,62 EUR, bezogen auf den 30. Juni 2002, begründet.
Der Monatsbetrag der zu übertragenden und zu begründenden Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen.
II.
Gerichtsgebühren für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben.
III.
Außergerichtliche Kosten der Beteiligten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erstattet.
IV.
Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 500 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Die am 9. September 1993 geschlossene Ehe der Parteien ist auf den am 10. Juli 2002 zugestellten Antrag durch Urteil vom 20. März 2003 geschieden worden.
Durch Beschluss vom 22. Juli 2003 hat das Familiengericht über den abgetrennten Versorgungsausgleich entschieden. Dabei hat es im Wege des Splittings von dem Versicherungskonto des Antragstellers auf das Versicherungskonto der Antragsgegnerin Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung von 41,26 EUR, bezogen auf den 30. Juni 2002, übertragen und im Wege des Realsplittings zugunsten der Antragsgegnerin eine Anwartschaft bei der Provinzial Lebensversicherung ####### in Höhe eines Deckungskapitals von 2.458,44 EUR begründet.
Dieser Beschluss ist der Beschwerdeführerin am 30. Juli 2003 zugestellt worden. Mit Schreiben vom 28. August 2003, welches per Fax beim Amtsgericht am selben Tage eingegangen ist, hat sie darauf hingewiesen, dass eine Realteilung nicht möglich sei. Mit Verfügung vom 16. September 2003 hat das Familiengericht die Akten dem Oberlandesgericht vorgelegt, wo sie am 22. September 2003 eingegangen sind. Durch Beschluss des Senats vom 26. November 2003 ist der Beschwerdeführerin auf ihren Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist gewährt worden. Die Beschwerdeführerin, die lediglich rügt, dass hier eine Realteilung vorgenommen worden ist, hat keinen konkreten Antrag gestellt.
Weder die Parteien noch die übrigen beteiligten Vorsorgungsträger haben im Beschwerdeverfahren zur Entscheidung in der Hauptsache eine Stellungnahme abgegeben.
II.
Die Beschwerde ist zulässig.
Nachdem der Senat der Beschwerdeführerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist gewährt hat, gilt die Beschwerde als rechtzeitig eingelegt. Sie ist zugleich begründet worden.
Die Beschwerdeführerin ist auch beschwerdeberechtigt. Grundsätzlich ist jeder beschwerdeberechtigt, in dessen Recht aufgrund der gerichtlichen Entscheidung eingegriffen worden ist, § 20 Abs. 1 FGG. Hier wird die Beschwerdeführerin nach ihrem Vortrag durch die Anordnung der Realteilung materiell beschwert, da die Voraussetzungen für eine Realteilung nicht vorliegen sollen.
III.
Aufgrund der Beschwerde der VGH ######, Provinzial Lebensversicherung ###### hat der Senat nicht die gesamte Entscheidung zum Versorgungsausgleich zu überprüfen, sondern nur den Teil, von dem die Beschwerdeführerin unmittelbar betroffen ist.
Grundsätzlich kann der Beschwerdeführer mit seinem Rechtsmittel nur die Verletzung von eigenen Rechten geltend machen. Dieser Grundsatz ist für den Versorgungsausgleich durch die Rechtsprechung dahin modifiziert worden, dass Versorgungsträger bereits dann beschwerdeberechtigt sind, wenn sie geltend machen, dass durch die Entscheidung des Familiengerichts sich im Ausgleich eine andere Berechnung der bei ihnen bestehenden Versorgungsanwartschaften ergibt (BGH, FamRZ 1981, 132; 1982, 155; 1984, 671). Wenn dagegen die Anwartschaften bzw. Ansprüche des Versorgungsträgers durch die Entscheidung überhaupt nicht betroffen ist, weil sie nur ein Posten in der Ausgleichsbilanz sind, dann besteht keine Beschwerdeberechtigung (BGH, FamRZ 1989, 957; Johannsen/Henrich/ Sedemund-Treiber, Eherecht, § 621 e Rn 9 f ZPO).
Hier macht die Beschwerdeführerin lediglich geltend, sie sei durch die von dem Familiengericht durchgeführte Realteilung in ihren Rechten beschwert. Damit handelt es sich um eine zulässige Teilanfechtung, denn es wird lediglich die Form des Ausgleichs angefochten. Soweit das Familiengericht die Anwartschaften des Antragstellers bei der LBS fehlerhaft bewertet hat (bei der Dynamisierung ist unterlassen worden, den Monatsbetrag in einen Jahresbetrag umzurechnen; weiter ist die Berechnung des Ehezeitanteils nicht nachvollziehbar, hier ist nicht aufgeklärt, ob die Vorzeiten mit einzubeziehen sind), kann dieses Versäumnis in diesem Beschwerdeverfahren nicht korrigiert werden. Eine Korrektur könnte nur über ein Verfahren nach § 10 a VAHRG erfolgen, wenn dessen Voraussetzungen vorliegen (BGH, FamRZ 2004,786).
IV.
1. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin ist begründet.
a. Die Voraussetzungen für die von dem Familiengericht angeordnete Realteilung zum Ausgleich der Anwartschaften des Antragstellers aus der Lebensversicherung mit Rentenanrecht bei der Beschwerdeführerin liegen nicht vor. Gem. § 1 Abs. 2 VAHRG darf die Realteilung nur angeordnet werden, wenn die Versorgungsordnung dies vorsieht. Die Beschwerdeführerin hatte jedoch bereits in ihrer Auskunft vom 5. Dezember 2002 mitgeteilt, dass hier das Deckungskapital für eine Realteilung nicht ausreiche, um die geschäftsplanmäßige Mindestrente von monatlich 50,00 EUR zu bilden.
b. Die Anwartschaften aus dem Rentenversicherungsvertrag bei der Beschwerdeführerin sind gem. § 1587 a Abs. 3 Nr. 1 BGB in volldynamische Rentenanwartschaften umzurechnen. Während der Ehezeit ist ein Deckungskapital von 4.916,88 EUR eingezahlt worden. Zum Ende der Ehezeit betrug der Umrechnungsfaktor für Beiträge in Entgeltpunkte 0,0001835894. Aus der Multiplikation des Deckungskapitals mit dem Umrechnungsfaktor errechnen sich 0,9027 Entgeltpunkte (4.916,88 EUR x 0,0001835894). Aus der Multiplikation des zum Ende der Ehezeit gültigen Rentenwertes von 25,31406 mit der Zahl der Entgeltpunkte von 0,9027 errechnen sich volldynamische Rentenanwartschaften zum Ende der Ehezeit von 22,85 EUR (0,9027 x 25,31406).
c. Die Anwartschaften bei der Beschwerdeführerin sind durch Quasi-Splitting gem. § 1 Abs. 3 VAHRG auszugleichen. Nach dieser Vorschrift ist das Quasi-Splitting durchzuführen, wenn sich das auszugleichende Anrecht gegen einen öffentlichrechtlichen Versorgungsträger handelt (Johannsen/Henrich/Hahne, Eherecht, 4. Aufl., § 1 VAHRG Rn 25). Bei der Beschwerdeführerin, der Provinzial Lebensversicherung #######, handelt es sich um ein eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts (§ 1 Abs. 2 des Gesetz über die öffentlichrechtlichen Versicherungsunternehmen in Niedersachsen vom 10. Januar 1994, Nds. GVBl. 1994, 5). Auf den Umstand, dass auf die von der Beschwerdeführerin abgeschlossenen Lebensversicherungsverträge das Privatrecht anzuwenden ist, kommt es nicht an (OLG Celle, FamRZ 1988, 1240). Maßgeblich ist allein, dass es sich bei der Beschwerdeführerin um eine öffentlichrechtliche Körperschaft handelt. Es ist auch unerheblich, dass die Beschwerdeführerin in ihrer Auskunft vom 8. November 2002 auf dem amtlichen Vordruck die Frage, ob es sich um einen öffentlichrechtlichen Versicherungsträger handelt, verneint hat. Es handelt sich hierbei um eine falsche Auskunft, wobei der Senat es dahingestellt sein lässt, wie es zu dieser falschen Auskunft gekommen ist.
2. Für die Ausgleichsbilanz sind die Versorgungsanwartschaften beider Parteien festzustellen:
a. Antragsteller:
Bei der BfA bestehen Rentenanwartschaften von 332,88 EUR. Für die Anwartschaften bei der LBS sind nach den unangefochtenen Berechnungen des Familiengerichts 2,38 EUR anzusetzen. Hinzu kommen die dynamisierten Anwartschaften aus der Rentenversicherung bei der VGH von 22,85 EUR.
Insgesamt hat der Antragsteller während der Ehezeit Anwartschaften in Höhe von 358,11 EUR erworben.
b. Antragsgegnerin:
Bei der Antragsgegnerin sind die Rentenanwartschaften bei der BfA in Höhe von 244,33 EUR sowie die vom Familiengericht in volldynamische Anwartschaften von 8,41 EUR umgerechnete Anwartschaften bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder zu berücksichtigen.
Insgesamt hat die Antragsgegnerin während der Ehezeit Anwartschaften in Höhe von 252,74 EUR erworben.
c. Nach § 1587 b Abs. 1 BGB ist der Ehegatte mit den höheren Anrechten ausgleichspflichtig. Das ist hier der Antragsteller. Der Ausgleichsanspruch errechnet sich gem. § 1587 b Abs. 1 BGB auf die Hälfte der Differenz der Gesamtanwartschaften der Parteien. Die Antragsgegnerin hat einen Ausgleichsanspruch in Höhe von 52,69 EUR (358,11 EUR - 252,74 EUR = 105,37 EUR : 2).
3. Der Ausgleich ist nach der Rangfolge des § 1587 b BGB auf folgende Weise vorzunehmen:
a. Zunächst ist das Rentensplitting durchzuführen. Die Differenz zwischen den Anwartschaften der Parteien bei den gesetzlichen Rentenversicherungen beträgt 88,55 EUR (332,88 -244,33). In Höhe der halben Differenz, also zu einem Betrag von 44,28 EUR ist das Splitting durchzuführen.
b. Nach dem Splitting verbleibt noch ein Ausgleichsbetrag von 8,41 EUR (Gesamtausgleichsbetrag von 52,69 EUR abzgl. 44,28 EUR, die durch das Rentensplitting ausgeglichen worden sind). Der weitere Ausgleich ist gem. § 1 Abs. 3 VAHRG durchzuführen, denn die Anwartschaften des Antragstellers bei der LBS sowie bei der Beschwerdeführerin richten sich gegen öffentlichrechtliche Träger. Da hier beide Anwartschaften zum Ausgleich herangezogen werden müssen, ist der verbleibende Ausgleichsbetrag zu quotieren. Der Ausgleich ist im Verhältnis der Werte der Anwartschaften zur Summe der Anwartschaften durchzuführen.
Die Summe der Anwartschaften bei der LBS und bei der Beschwerdeführerin beträgt 25,23 EUR (2,38 + 22,85).
Von den Anwartschaften bei der LBS sind 0,79 EUR auszugleichen (2,38 : 25,23 * 8,41).
Von den Anwartschaften bei der Beschwerdeführerin sind 7,62 EUR auszugleichen (22,85 : 25,23 x 8,41).
Zu Lasten der Anwartschaften bei der LBS und bei der Beschwerdeführerin sind zugunsten der Antragsgegnerin Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung zu begründen, § 1 Abs. 3 VAHRG.
V. Gem. § 8 GKG wird davon abgesehen, Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren zu erheben. Die Entscheidung, von einer Erstattung der außergerichtlichen Kosten abzusehen, beruht auf § 93 a ZPO.
Ende der Entscheidung
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